Auf der Suche nach dem Blaulatzara (Ara glaucogularis)
Bericht und Bilder: Armin Flattich, Pfäffikon SZ

Blaulatz-Aras sind in der Natur sehr gefährdet. Sie kommen nur noch in zwei endemischen Gebieten in Bolivien vor. Dank künstlichen Nistkästen kann der Population geholfen werden. Unser Autor sah sich im Gebiet um.

 Blaulatzara Paar 2Ein Paar Blaulatzaras zuoberst in einem Baum     Blaulatzara Paar Blaulatzarapaar in grosser Hitze in Bolivien

Als Angelika und ich im Herbst 2016 mit unserem peruanischen Vogelguide José Luis Avendano den Norden von Peru erkundeten, sprachen wir auch über unser Vorhaben, im Jahr 2018 Bolivien zu bereisen. Wir wussten, dass sein Bruder Percy schon in Bolivien war. Ein Ziel in Bolivien wäre sicher, die endemischen Aras, die Blaulatz- und Rotohr-Aras, zu sehen. So machten wir uns an die Vorbereitungen.

Reisepläne kreisen um den Blaulatzara
Im Jahr 2017 kam der erste Vogelführer für Bolivien heraus. Herausgeber des Buches ist Armonia Bolivia (eine Vogelschutzorgansation in Bolivien). Das Buch wurde auch von der Schweizer Botschaft in Bolivien gesponsert. Ich musste das Werk in den USA bestellen, da es nur dort in Englisch erhältlich war. Ebenfalls fragte ich Christian Zimmermann und Beat Joos, ob sie interessiert wären, mit uns auf die Reise zu gehen. Sie konnten es sich vorstellen, fragten aber, wie es denn mit dem Pantanal wäre? So haben José und ich im Winter 2017/2018 eine Tour zusammengestellt. Als wir José das OK für die Tour gaben, reiste er selber im Frühjahr 2018 nach Bolivien, um alles zu organisieren.
Eines der zwei Gebiete in denen der Blaulatzara nachweislich vorkommt, ist das Gebiet um Loreto, 60 Kilometer südlich von der Stadt Trinidad. Trinidad liegt im Departement Beni, das zum grossen Teil während der Regenzeit unter Wasser liegt. So war auch die Strasse von Trinidad bis Loreto überflutet. Mit dem Kleinflugzeug schaffte es José noch, bis ins Dorf Sachojere (ein Dorf vor Loreto) zu fliegen, aber weiter ging die Reise im Frühjahr nicht. So konnte er den genauen Standort der Aras nicht vorgängig direkt inspizieren.

Die Brasilien-Bolivien-Reise beginnt
Am 26. September 2018 machten wir uns auf den Weg nach Südamerika. Den ersten Teil unserer Reise verbrachten wir in Brasilien im Pantanal. Am 4. Oktober reisten wir nach Bolivien. Am Flughafen in Santa Cruz de Sierra lernten wir den Direktor von Armonia Bolivia, Dr. Rodrigo W. Soria Auza, kennen. Er sprach sogar ein paar Wörter Deutsch. José und er unterhielten sich über die Besichtigung des neuen Schutzgebietes in Loreto. Nach dem Mittagessen besuchten wir den Botanischen Garten in Santa Cruz. Nach einer Nacht in Santa Cruz flogen wir über Cochabamba nach Trinidad. Dort kamen wir gegen 15 Uhr an. Unsere Unterkunft etwas ausserhalb von Trinidad lag an der Laguna Suarez. Die Strassen waren alle naturbelassen und zum Teil in einem schrecklichen Zustand. Ebenfalls lag überall Abfall herum, speziell Plastikmüll. Nach dem Mittagessen erkundeten wir den Garten des Tapacare Ressort. Am Abend genossen wir unser Nachtessen in der 120‘000 Einwohner zählenden Stadt Trinidad.

Zufahrt zur ehemaligen Farm 2 Copy                                                                                    Prekäre Zufahrt zur ehemaligen Farm

Anfahrt und Pirsch auf die Waldlichtung
Weil es auf unseren Touren immer früh losgeht, hiess es am Samstag, 6. Oktober 2018: Um 5 Uhr aufstehen, 5.30 Uhr Morgenessen, 6 Uhr Abfahrt nach Loreto. Auf der eineinhalb stündigen Fahrt Richtung Süden auf der holprigen Sandpiste begegneten wir sehr vielen Pilgern. An diesem Wochenende war Wallfahrt zur Kirche in Loreto. Viele Trinidader nahmen die 60 Kilometer zu Fuss auf sich. Sie mussten im Sandstaub der Autos und Motorräder den beschwerlichen Weg auf sich nehmen. In Loreto angekommen, nahm José Kontakt auf mit dem Manager von Armonia Bolivien, der Vogelschutz-Organisation. Beim Warten konnten wir viele Gelbbrust-Aras ablichten. Sie überflogen uns oder waren auch an verschiedenen Nistpalmen anzutreffen. Der Bauer der Farm, auf der die Nistkästen für die Blaulatzaras hängen, führte uns dann auf seinem ehemaligen Betrieb herum. Im August 2018 konnte Armonia Bolivia dank einem Nachlass von Laney Rickmann die Farm übernehmen und so ein Schutzgebiet für die Blaulatzaras einrichten. Dieses 1‘680 Hektar grosse Reservat wurde nach Laney Rickman (1952-2017) benannt, dem Begründer der in Texas ansässigen Non-Profit-Organisation Bird Endowment, die sich seit 2006 leidenschaftlich für die Anbringung von Nistkästen im Verbreitungsgebiet der Blaulatzaras engagiert. Nachdem wir das Tor zur Farm hinter uns gelassen haben, tauchte auf der sehr schlechten Zufahrtsstrasse ein weiteres Hindernis auf. Vor einer Holzbrücke, die man eigentlich nicht so hätte nennen dürfen, mussten wir noch einzelne Bretter suchen, um eine Auffahrt zu konstruieren, so dass unser Kleinbus nicht hängen blieb. Kurze Zeit später war der Feldweg dann so schlammig, dass wir den Weg zur Farm zu Fuss aufnehmen mussten. Bei fast schon 30 Grad erreichten wir nach 40 Minuten die Waldlichtung, die zu der Farm gehörte

             Erste Sichtung der Blaulatzara Copy                                       Blaulatz im Flug
                      Erste Sichtung der Blaulatz Aras                                                                                           Ein Blaulatz Ara in Flug

Blaulatz-Ara-Bestand erholt sich wieder
Bald wurde eines der Probleme der Aras offensichtlich. Seit über hundert Jahren werden viele Gebiete für die Rinderzucht entwaldet. So fehlen heute die grossen Palmen, in deren Stämme die Aras nisten können. Der grösste Bestandesrückgang erfolgte aber durch den Fang für den Handel. Der Bestand in der freien Wildbahn war darum total auf 50 Aras geschrumpft. Auch wurden in der Vergangenheit viele Aras (nicht nur Blaulatzaras) von den Moxeno-Ureinwohnern abgeschossen. Für ihren traditionellen Kopfschmuck wurden Federn von bis zu 15 Aras benötigt. Heute besteht der Kopfschmuck aus künstlichen Federn, die von Armonia zur Verfügung gestellt werden.
So erreichten wir schon sehr erschöpft die Farm. Nach einer kurzen Verschnaufpause gingen wir sogleich auf die Suche nach den Blaulatzaras. Schon nach kurzer Zeit fanden wir ein Paar, das sich fotografieren liess. Auf der ehemaligen Farm wurden schon, bevor Armonia im August das Areal übernehmen konnte, Nistkästen für die Blaulatz-Aras aufgehängt. Die ersten Kästen wurden 2005 angebracht, und schon ein Jahr später wurde der erste Kasten von den Blaulatzaras angenommen. Im Jahre 2018 hingen über 80 Nistkästen auf dem 1‘680 Hektaren grossen Areal. Der Bestand der Blaulatz-Aras in diesem Gebiet konnte so in den vergangenen Jahren vervielfacht werden und beträgt heute 42 Vögel. Der gesamte Bestand wird heute auf 250 Blaulatz-Aras geschätzt. Den grösseren Teil der Vögel findet man im weiter entfernten Naturschutzgebiet Barba Azul. Die Nistkästen werden in rechteckiger, achteckiger und runder Form angeboten, wobei die Aras allerdings die runden Nistkästen meiden. Die Kästen hängen auf drei bis vier Meter Höhe. Einige der Bäume sind mit verschiedenen Vorrichtungen versehen, um die Brut der Aras vor Fressfeinden zu schützen. Als Fressfeinde der Eier und Jungen gelten das Opossum und Schlangen. Aber auch von oben gibt es Gefahr. Denn Tukane und Arassaris warten nur, bis einmal das Nest nicht bewacht ist, um so an die Eier oder Jungen zu gelangen.

                Wir hören den ausführungen des Rangers zu Copy     Nistkasten mit Vorrichtung gegen Fressfeinde Copy
                      Beat Joos, Armin Flattich und Christian Zimmermann hören den Ausführungen               Dieser Nistkasten ist mit eine Vorrichtung                                                   des Rangers zu                                                                                                         gegen Fressfeinde geschützt

Nistkästen fördern die Fortpflanzung
Die hohen Palmen, die in der Mitte des Stammes eine breitere Stelle haben, worin die Aras natürlicherweise nisten, fehlen in diesem Gebiet. Junge Palmen sind noch zu klein. Hauptsächliche Nahrung sind die Früchte der Macauba-Palme sowie auch von Attalea-Palmenarten. Wir konnten die Blaulatzaras aber auch zusammen mit Gelbbrustaras auf einem grossen Feigenbaum beobachten. Sie taten sich an den Feigen und Blüten gütlich.
In den Monaten November bis März herrscht Regenzeit in der Region. Das gesamte Brutgebiet steht dann unter Wasser. In dieser Zeit erreicht man das Gebiet nur noch per Boot oder aber auch mit dem Pferd. Von April bis Oktober ist Trockenzeit. Und am Ende der Trockenzeit, im Monat Oktober, suchen die Paare die Nistkästen aus. Dann kann es trotz der vielen Nistmöglichkeiten zu kleinen Auseinandersetzungen unter den Blaulatzaras kommen. Aber auch die Gelbbrustaras, Schleiereulen und andere Vogelarten nehmen die künstlichen Nisthilfen an. Auch sahen wir einen Kasten, der von Wildbienen bewohnt wurde. Als der Bauer davon erzählte, flog gerade eine Schleiereule aus einem Kasten. Leicht erschrocken, verfolgte ich die Eule mit der Kamera. Ich hielt es kaum für möglich, konnte sie dann aber auf dem Foto, das mir gelang, identifizieren. Es werden immer drei Kästen an Bäumen in der unmittelbaren Nähe montiert. So können die Streitereien in Grenzen gehalten werden.
Gegen 11 Uhr unterbrachen wir unsere ersten Beobachtungen des Blaulatzaras und natürlich auch der anderen Vögel an diesem Ort. Mittlerweilen zeigte das Thermometer 36 Grad an. Unseren mitgebrachten Lunch nahmen wir dann in einem der Gebäude der Farm ein.

In solchen Palmen würden die Aras normal brüten. Diese ist aber noch zu klein Copy       Blaulatzara Paar auf Nistkasten Copy
In solchen Palmen brüten die Blaulatzaras                                                               Blaulatzara Paar auf einem Nistkasten 
doch diese Exemplare sind noch zu klein

Zweite Nistkasten-Generation
Mittlerweilen hatte unser Fahrer irgendwie sein Auto zur Farm gefahren. Sogleich liess er südamerikanischen Sound aus seinem Auto laut abspielen, und so genossen wir die Mittagspause in der sengenden Hitze. Dann traf auch der Manager von Armonia ein. Dieser führte uns am Nachmittag nochmals durch einen Teil des Gebietes. Auch hier sahen wir wieder Blaulatzaras und erfuhren viel Wissenswertes über das Zuchtprojekte hier in Loreto und über das 250‘000 Hektar grosse Naturschutzgebiet Barba Azul. Auch erfuhren wir, dass Armonia Bolivia beim Projekt für die Blaulatz-Aras von der Loro Parque Fundacion unterstützt wurde. Natürlich fanden und lichteten wir noch viele andere Vögel ab, darunter auch den seltenen Rotsensenschnabel, einen Baumsteiger mit einem riesigen gekrümmten Schnabel. Der Dickschnabel-Organist beeindruckt durch seine Farbe. Doch zu guter Letzt fanden wir noch ein Brutpaar Blaulatz-Aras mit dem im Frühsommer ausgeflogenen Jungen. Das eindrücklichste an diesen Vögeln war, dass das Weibchen selber schon hier in einem Nistkasten geboren wurde. Das Junge ist also schon die zweite Nistkasten-Generation. Die hier geborenen Jungen werden jeweils beringt.
Gegen 16 Uhr verliessen wir todmüde von der Hitze und den Eindrücken das Gebiet. Und nun fanden wir auch heraus, wie es unser Fahrer geschafft hatte, das schlammige Stück der Strasse zu umfahren. Er fuhr einfach durch den Wald, zum Teil hatte es nur zwei Zentimeter Zwischenraum zwischen Auto und Bäumen. So konnten wir den anstrengenden Fussmarsch vom Morgen umgehen. Wir waren ausserordentlich froh.
Nun waren wir wieder auf der Sandpiste zwischen Loreto und Trinidad. Der Verkehr zum Wallfahrtort hatte stark zugenommen, und wir mussten in den unendlichen Staubwolken der anderen Fahrzeuge die Strasse finden. Auch die Pilger, die noch unterwegs waren, haben buchstäblich nur Staub geschluckt. Nach unserer Ankunft und einer wohlverdienten Dusche, genossen wir das Nachtessen in der Stadt Trinidad auf der Hauptplaza.

Unter verschiedenen Papageienarten
Eigentlich wollten wir heute um 5 Uhr losfahren, um kurz nach Sonnenaufgang bei der Farm für die Blaulatzaras anzukommen. Leider hat sich unser Fahrer, der von Trinidad kam, verschlafen, und wir konnten so erst um 5.40 Uhr losfahren. Ärgerlich war sicher auch, dass wir extra wegen der früheren Abfahrtszeit das Frühstück ausfallen liessen. So kamen wir halt erst gegen 7 Uhr am Bestimmungsort an. Das erste Paar Blaulatzaras sass schon auf einem der ersten Nistkästen. Ebenfalls in der Nähe hatte sich auch ein Gelbbrust-Ara-Paar einen Kasten ausgesucht. Auf der anderen Seite der Lichtung sass ein Paar Rotbug-Aras auf einem Baum. Sie erwiesen sich aber als weit schreckhafter als die grösseren Aras. Sie flogen bald einmal auf. Wir beobachteten die Aktivitäten der Blaulatz-Aras und Gelbbrust-Aras auf der Lichtung. Nach einer Stunde knurrte unser Magen so laut, dass wir unser Frühstück einnahmen. Das Frühstück beinhaltete Chips, Nüssli und einen Fruchtsaft. Um 9 Uhr erreichten der ehemalige Bauer und der Manager von Armonia die Farm. So wurde unser Frühstück noch durch frische Früchte ergänzt. In der Zwischenzeit suchten wir uns Motive um die Farm herum. So konnten wir noch den einen oder anderen Vogel ablichten, wie den Riesentukan, den Feldspecht, den Pavua- und Elfenbeinsittich, sowie einige kleinere Vögel. Aber immer wieder überfolgen Aras, Sittiche und auch ein Paar Müller-Amazonen die Lichtung. Nach dem Verzehr unseres Frühstücks und den Beobachtungen um die Farm, bestiegen wir den Vier- Rad-Pickup von Armonia, um in ein weiteres Waldstück zu fahren. Beim Eingang des Waldstückes stellten wir unser Fahrzeug ab und durchquerten den Wald zu Fuss. Leider war es mittlerweile wieder extrem heiss, und alle Vögel hatten sich in der Hitze in Luft aufgelöst. Trotzdem haben wir dann aber in diesem neuen Reservat noch 35 Vogelarten entdeckt. So fuhren wir bald wieder zurück zur Farm, um dann Richtung Trapota weiterzufahren. Weil die kürzeste Strecke nach Trinidad wegen der Wallfahrt gesperrt war, mussten wir einen grösseren Umweg fahren. Nach 12 Uhr erreichten wir Trinidad, wo wir unser Mittagessen einnahmen.
Diese eineinhalb Tage bei den Blaulatzaras werde ich sicher nicht mehr so schnell vergessen. Es hat mir aber auch aufgezeigt, welche Anstrengungen nötig sind, um diesen Vögeln in freier Wildbahn wieder eine Chance zu geben.   

Auf diesem Gebiet der ehemaligen Farm hat es über 80 Nistkästen Copy   Blaulatzara auf einem Feigenbaum  Typischer Blaulatz Ara Lebensraum. Auf diesem Gebiet hat es über 80 Nistkästen                               Blaulatz Ara Paar auf einem Feigenbaum  

Peru Wild Birds
Unser Vogelguide auf einigen unserer Südamerika-Reisen war Jose Luiz Avendano, der mit seinem Bruder Percy die Firma „Peru Wild Birds“ betreibt. Beide sind ausgezeichnete Vogelkenner, haben ein Gespür und das Fachwissen, was es für diesen Beruf braucht. „Peru Wild Birds“ ist international vernetzt und arbeitet auch mit anderen Firmen und lokalen Vogelguides zusammen. Neben den normalen Touren ist die Firma auch bereit, extra für die Kunden Touren zusammenzustellen.

Zum Autor
Armin Flattich ist seit 2018 EXOTIS-Präsident. Ihm ist die Erhaltung der Papageienarten in der Natur wie in den Volieren ein Anliegen. Er betreibt eine grosse Zuchtanlage und unternimmt zusammen mit seiner Frau Angelika Reisen in die Ursprungsgebiete der Papageien.
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