Auf der Suche nach dem Blaulatzara (Ara glaucogularis)
Bericht und Bilder: Armin Flattich, Pfäffikon SZ

Blaulatz-Aras sind in der Natur sehr gefährdet. Sie kommen nur noch in zwei endemischen Gebieten in Bolivien vor. Dank künstlichen Nistkästen kann der Population geholfen werden. Unser Autor sah sich im Gebiet um.

 Blaulatzara Paar 2Ein Paar Blaulatzaras zuoberst in einem Baum     Blaulatzara Paar Blaulatzarapaar in grosser Hitze in Bolivien

Als Angelika und ich im Herbst 2016 mit unserem peruanischen Vogelguide José Luis Avendano den Norden von Peru erkundeten, sprachen wir auch über unser Vorhaben, im Jahr 2018 Bolivien zu bereisen. Wir wussten, dass sein Bruder Percy schon in Bolivien war. Ein Ziel in Bolivien wäre sicher, die endemischen Aras, die Blaulatz- und Rotohr-Aras, zu sehen. So machten wir uns an die Vorbereitungen.

Reisepläne kreisen um den Blaulatzara
Im Jahr 2017 kam der erste Vogelführer für Bolivien heraus. Herausgeber des Buches ist Armonia Bolivia (eine Vogelschutzorgansation in Bolivien). Das Buch wurde auch von der Schweizer Botschaft in Bolivien gesponsert. Ich musste das Werk in den USA bestellen, da es nur dort in Englisch erhältlich war. Ebenfalls fragte ich Christian Zimmermann und Beat Joos, ob sie interessiert wären, mit uns auf die Reise zu gehen. Sie konnten es sich vorstellen, fragten aber, wie es denn mit dem Pantanal wäre? So haben José und ich im Winter 2017/2018 eine Tour zusammengestellt. Als wir José das OK für die Tour gaben, reiste er selber im Frühjahr 2018 nach Bolivien, um alles zu organisieren.
Eines der zwei Gebiete in denen der Blaulatzara nachweislich vorkommt, ist das Gebiet um Loreto, 60 Kilometer südlich von der Stadt Trinidad. Trinidad liegt im Departement Beni, das zum grossen Teil während der Regenzeit unter Wasser liegt. So war auch die Strasse von Trinidad bis Loreto überflutet. Mit dem Kleinflugzeug schaffte es José noch, bis ins Dorf Sachojere (ein Dorf vor Loreto) zu fliegen, aber weiter ging die Reise im Frühjahr nicht. So konnte er den genauen Standort der Aras nicht vorgängig direkt inspizieren.

Die Brasilien-Bolivien-Reise beginnt
Am 26. September 2018 machten wir uns auf den Weg nach Südamerika. Den ersten Teil unserer Reise verbrachten wir in Brasilien im Pantanal. Am 4. Oktober reisten wir nach Bolivien. Am Flughafen in Santa Cruz de Sierra lernten wir den Direktor von Armonia Bolivia, Dr. Rodrigo W. Soria Auza, kennen. Er sprach sogar ein paar Wörter Deutsch. José und er unterhielten sich über die Besichtigung des neuen Schutzgebietes in Loreto. Nach dem Mittagessen besuchten wir den Botanischen Garten in Santa Cruz. Nach einer Nacht in Santa Cruz flogen wir über Cochabamba nach Trinidad. Dort kamen wir gegen 15 Uhr an. Unsere Unterkunft etwas ausserhalb von Trinidad lag an der Laguna Suarez. Die Strassen waren alle naturbelassen und zum Teil in einem schrecklichen Zustand. Ebenfalls lag überall Abfall herum, speziell Plastikmüll. Nach dem Mittagessen erkundeten wir den Garten des Tapacare Ressort. Am Abend genossen wir unser Nachtessen in der 120‘000 Einwohner zählenden Stadt Trinidad.

Zufahrt zur ehemaligen Farm 2 Copy                                                                                    Prekäre Zufahrt zur ehemaligen Farm

Anfahrt und Pirsch auf die Waldlichtung
Weil es auf unseren Touren immer früh losgeht, hiess es am Samstag, 6. Oktober 2018: Um 5 Uhr aufstehen, 5.30 Uhr Morgenessen, 6 Uhr Abfahrt nach Loreto. Auf der eineinhalb stündigen Fahrt Richtung Süden auf der holprigen Sandpiste begegneten wir sehr vielen Pilgern. An diesem Wochenende war Wallfahrt zur Kirche in Loreto. Viele Trinidader nahmen die 60 Kilometer zu Fuss auf sich. Sie mussten im Sandstaub der Autos und Motorräder den beschwerlichen Weg auf sich nehmen. In Loreto angekommen, nahm José Kontakt auf mit dem Manager von Armonia Bolivien, der Vogelschutz-Organisation. Beim Warten konnten wir viele Gelbbrust-Aras ablichten. Sie überflogen uns oder waren auch an verschiedenen Nistpalmen anzutreffen. Der Bauer der Farm, auf der die Nistkästen für die Blaulatzaras hängen, führte uns dann auf seinem ehemaligen Betrieb herum. Im August 2018 konnte Armonia Bolivia dank einem Nachlass von Laney Rickmann die Farm übernehmen und so ein Schutzgebiet für die Blaulatzaras einrichten. Dieses 1‘680 Hektar grosse Reservat wurde nach Laney Rickman (1952-2017) benannt, dem Begründer der in Texas ansässigen Non-Profit-Organisation Bird Endowment, die sich seit 2006 leidenschaftlich für die Anbringung von Nistkästen im Verbreitungsgebiet der Blaulatzaras engagiert. Nachdem wir das Tor zur Farm hinter uns gelassen haben, tauchte auf der sehr schlechten Zufahrtsstrasse ein weiteres Hindernis auf. Vor einer Holzbrücke, die man eigentlich nicht so hätte nennen dürfen, mussten wir noch einzelne Bretter suchen, um eine Auffahrt zu konstruieren, so dass unser Kleinbus nicht hängen blieb. Kurze Zeit später war der Feldweg dann so schlammig, dass wir den Weg zur Farm zu Fuss aufnehmen mussten. Bei fast schon 30 Grad erreichten wir nach 40 Minuten die Waldlichtung, die zu der Farm gehörte

             Erste Sichtung der Blaulatzara Copy                                       Blaulatz im Flug
                      Erste Sichtung der Blaulatz Aras                                                                                           Ein Blaulatz Ara in Flug

Blaulatz-Ara-Bestand erholt sich wieder
Bald wurde eines der Probleme der Aras offensichtlich. Seit über hundert Jahren werden viele Gebiete für die Rinderzucht entwaldet. So fehlen heute die grossen Palmen, in deren Stämme die Aras nisten können. Der grösste Bestandesrückgang erfolgte aber durch den Fang für den Handel. Der Bestand in der freien Wildbahn war darum total auf 50 Aras geschrumpft. Auch wurden in der Vergangenheit viele Aras (nicht nur Blaulatzaras) von den Moxeno-Ureinwohnern abgeschossen. Für ihren traditionellen Kopfschmuck wurden Federn von bis zu 15 Aras benötigt. Heute besteht der Kopfschmuck aus künstlichen Federn, die von Armonia zur Verfügung gestellt werden.
So erreichten wir schon sehr erschöpft die Farm. Nach einer kurzen Verschnaufpause gingen wir sogleich auf die Suche nach den Blaulatzaras. Schon nach kurzer Zeit fanden wir ein Paar, das sich fotografieren liess. Auf der ehemaligen Farm wurden schon, bevor Armonia im August das Areal übernehmen konnte, Nistkästen für die Blaulatz-Aras aufgehängt. Die ersten Kästen wurden 2005 angebracht, und schon ein Jahr später wurde der erste Kasten von den Blaulatzaras angenommen. Im Jahre 2018 hingen über 80 Nistkästen auf dem 1‘680 Hektaren grossen Areal. Der Bestand der Blaulatz-Aras in diesem Gebiet konnte so in den vergangenen Jahren vervielfacht werden und beträgt heute 42 Vögel. Der gesamte Bestand wird heute auf 250 Blaulatz-Aras geschätzt. Den grösseren Teil der Vögel findet man im weiter entfernten Naturschutzgebiet Barba Azul. Die Nistkästen werden in rechteckiger, achteckiger und runder Form angeboten, wobei die Aras allerdings die runden Nistkästen meiden. Die Kästen hängen auf drei bis vier Meter Höhe. Einige der Bäume sind mit verschiedenen Vorrichtungen versehen, um die Brut der Aras vor Fressfeinden zu schützen. Als Fressfeinde der Eier und Jungen gelten das Opossum und Schlangen. Aber auch von oben gibt es Gefahr. Denn Tukane und Arassaris warten nur, bis einmal das Nest nicht bewacht ist, um so an die Eier oder Jungen zu gelangen.

                Wir hören den ausführungen des Rangers zu Copy     Nistkasten mit Vorrichtung gegen Fressfeinde Copy
                      Beat Joos, Armin Flattich und Christian Zimmermann hören den Ausführungen               Dieser Nistkasten ist mit eine Vorrichtung                                                   des Rangers zu                                                                                                         gegen Fressfeinde geschützt

Nistkästen fördern die Fortpflanzung
Die hohen Palmen, die in der Mitte des Stammes eine breitere Stelle haben, worin die Aras natürlicherweise nisten, fehlen in diesem Gebiet. Junge Palmen sind noch zu klein. Hauptsächliche Nahrung sind die Früchte der Macauba-Palme sowie auch von Attalea-Palmenarten. Wir konnten die Blaulatzaras aber auch zusammen mit Gelbbrustaras auf einem grossen Feigenbaum beobachten. Sie taten sich an den Feigen und Blüten gütlich.
In den Monaten November bis März herrscht Regenzeit in der Region. Das gesamte Brutgebiet steht dann unter Wasser. In dieser Zeit erreicht man das Gebiet nur noch per Boot oder aber auch mit dem Pferd. Von April bis Oktober ist Trockenzeit. Und am Ende der Trockenzeit, im Monat Oktober, suchen die Paare die Nistkästen aus. Dann kann es trotz der vielen Nistmöglichkeiten zu kleinen Auseinandersetzungen unter den Blaulatzaras kommen. Aber auch die Gelbbrustaras, Schleiereulen und andere Vogelarten nehmen die künstlichen Nisthilfen an. Auch sahen wir einen Kasten, der von Wildbienen bewohnt wurde. Als der Bauer davon erzählte, flog gerade eine Schleiereule aus einem Kasten. Leicht erschrocken, verfolgte ich die Eule mit der Kamera. Ich hielt es kaum für möglich, konnte sie dann aber auf dem Foto, das mir gelang, identifizieren. Es werden immer drei Kästen an Bäumen in der unmittelbaren Nähe montiert. So können die Streitereien in Grenzen gehalten werden.
Gegen 11 Uhr unterbrachen wir unsere ersten Beobachtungen des Blaulatzaras und natürlich auch der anderen Vögel an diesem Ort. Mittlerweilen zeigte das Thermometer 36 Grad an. Unseren mitgebrachten Lunch nahmen wir dann in einem der Gebäude der Farm ein.

In solchen Palmen würden die Aras normal brüten. Diese ist aber noch zu klein Copy       Blaulatzara Paar auf Nistkasten Copy
In solchen Palmen brüten die Blaulatzaras                                                               Blaulatzara Paar auf einem Nistkasten 
doch diese Exemplare sind noch zu klein

Zweite Nistkasten-Generation
Mittlerweilen hatte unser Fahrer irgendwie sein Auto zur Farm gefahren. Sogleich liess er südamerikanischen Sound aus seinem Auto laut abspielen, und so genossen wir die Mittagspause in der sengenden Hitze. Dann traf auch der Manager von Armonia ein. Dieser führte uns am Nachmittag nochmals durch einen Teil des Gebietes. Auch hier sahen wir wieder Blaulatzaras und erfuhren viel Wissenswertes über das Zuchtprojekte hier in Loreto und über das 250‘000 Hektar grosse Naturschutzgebiet Barba Azul. Auch erfuhren wir, dass Armonia Bolivia beim Projekt für die Blaulatz-Aras von der Loro Parque Fundacion unterstützt wurde. Natürlich fanden und lichteten wir noch viele andere Vögel ab, darunter auch den seltenen Rotsensenschnabel, einen Baumsteiger mit einem riesigen gekrümmten Schnabel. Der Dickschnabel-Organist beeindruckt durch seine Farbe. Doch zu guter Letzt fanden wir noch ein Brutpaar Blaulatz-Aras mit dem im Frühsommer ausgeflogenen Jungen. Das eindrücklichste an diesen Vögeln war, dass das Weibchen selber schon hier in einem Nistkasten geboren wurde. Das Junge ist also schon die zweite Nistkasten-Generation. Die hier geborenen Jungen werden jeweils beringt.
Gegen 16 Uhr verliessen wir todmüde von der Hitze und den Eindrücken das Gebiet. Und nun fanden wir auch heraus, wie es unser Fahrer geschafft hatte, das schlammige Stück der Strasse zu umfahren. Er fuhr einfach durch den Wald, zum Teil hatte es nur zwei Zentimeter Zwischenraum zwischen Auto und Bäumen. So konnten wir den anstrengenden Fussmarsch vom Morgen umgehen. Wir waren ausserordentlich froh.
Nun waren wir wieder auf der Sandpiste zwischen Loreto und Trinidad. Der Verkehr zum Wallfahrtort hatte stark zugenommen, und wir mussten in den unendlichen Staubwolken der anderen Fahrzeuge die Strasse finden. Auch die Pilger, die noch unterwegs waren, haben buchstäblich nur Staub geschluckt. Nach unserer Ankunft und einer wohlverdienten Dusche, genossen wir das Nachtessen in der Stadt Trinidad auf der Hauptplaza.

Unter verschiedenen Papageienarten
Eigentlich wollten wir heute um 5 Uhr losfahren, um kurz nach Sonnenaufgang bei der Farm für die Blaulatzaras anzukommen. Leider hat sich unser Fahrer, der von Trinidad kam, verschlafen, und wir konnten so erst um 5.40 Uhr losfahren. Ärgerlich war sicher auch, dass wir extra wegen der früheren Abfahrtszeit das Frühstück ausfallen liessen. So kamen wir halt erst gegen 7 Uhr am Bestimmungsort an. Das erste Paar Blaulatzaras sass schon auf einem der ersten Nistkästen. Ebenfalls in der Nähe hatte sich auch ein Gelbbrust-Ara-Paar einen Kasten ausgesucht. Auf der anderen Seite der Lichtung sass ein Paar Rotbug-Aras auf einem Baum. Sie erwiesen sich aber als weit schreckhafter als die grösseren Aras. Sie flogen bald einmal auf. Wir beobachteten die Aktivitäten der Blaulatz-Aras und Gelbbrust-Aras auf der Lichtung. Nach einer Stunde knurrte unser Magen so laut, dass wir unser Frühstück einnahmen. Das Frühstück beinhaltete Chips, Nüssli und einen Fruchtsaft. Um 9 Uhr erreichten der ehemalige Bauer und der Manager von Armonia die Farm. So wurde unser Frühstück noch durch frische Früchte ergänzt. In der Zwischenzeit suchten wir uns Motive um die Farm herum. So konnten wir noch den einen oder anderen Vogel ablichten, wie den Riesentukan, den Feldspecht, den Pavua- und Elfenbeinsittich, sowie einige kleinere Vögel. Aber immer wieder überfolgen Aras, Sittiche und auch ein Paar Müller-Amazonen die Lichtung. Nach dem Verzehr unseres Frühstücks und den Beobachtungen um die Farm, bestiegen wir den Vier- Rad-Pickup von Armonia, um in ein weiteres Waldstück zu fahren. Beim Eingang des Waldstückes stellten wir unser Fahrzeug ab und durchquerten den Wald zu Fuss. Leider war es mittlerweile wieder extrem heiss, und alle Vögel hatten sich in der Hitze in Luft aufgelöst. Trotzdem haben wir dann aber in diesem neuen Reservat noch 35 Vogelarten entdeckt. So fuhren wir bald wieder zurück zur Farm, um dann Richtung Trapota weiterzufahren. Weil die kürzeste Strecke nach Trinidad wegen der Wallfahrt gesperrt war, mussten wir einen grösseren Umweg fahren. Nach 12 Uhr erreichten wir Trinidad, wo wir unser Mittagessen einnahmen.
Diese eineinhalb Tage bei den Blaulatzaras werde ich sicher nicht mehr so schnell vergessen. Es hat mir aber auch aufgezeigt, welche Anstrengungen nötig sind, um diesen Vögeln in freier Wildbahn wieder eine Chance zu geben.   

Auf diesem Gebiet der ehemaligen Farm hat es über 80 Nistkästen Copy   Blaulatzara auf einem Feigenbaum  Typischer Blaulatz Ara Lebensraum. Auf diesem Gebiet hat es über 80 Nistkästen                               Blaulatz Ara Paar auf einem Feigenbaum  

Peru Wild Birds
Unser Vogelguide auf einigen unserer Südamerika-Reisen war Jose Luiz Avendano, der mit seinem Bruder Percy die Firma „Peru Wild Birds“ betreibt. Beide sind ausgezeichnete Vogelkenner, haben ein Gespür und das Fachwissen, was es für diesen Beruf braucht. „Peru Wild Birds“ ist international vernetzt und arbeitet auch mit anderen Firmen und lokalen Vogelguides zusammen. Neben den normalen Touren ist die Firma auch bereit, extra für die Kunden Touren zusammenzustellen.

Zum Autor
Armin Flattich ist seit 2018 EXOTIS-Präsident. Ihm ist die Erhaltung der Papageienarten in der Natur wie in den Volieren ein Anliegen. Er betreibt eine grosse Zuchtanlage und unternimmt zusammen mit seiner Frau Angelika Reisen in die Ursprungsgebiete der Papageien.
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Zucht von Sonnenvögeln mit Hindernissen

Bericht Jürg Rey, Muhen AG

Sonnenvögel (Leiothrix lutea) oder Chinesische Nachtigallen waren einst häufig im Zoohandel. Seit sie nicht mehr importiert werden können sind sie selten unter Menschenobhut geworden. Ihre Zucht verlangt Fingerspitzengefühl. Der Autor Jürg Rey berichtet über die Haltung und Zucht dieses lieblichen asiatischen Vogels.

Die Haltung und Zucht von Sonnenvögeln oder Chinesischen Nachtigallen (Leiothrix lutea) – so ihr zweiter, deutscher Name - fasziniert mich seit vielen Jahren. Dieser liebliche Vogel zieht mich nicht nur wegen dem schön gefärbten Gefieder an, sondern auch ihres hübschen Gesangs wegen. Sonnenvögel bewohnen ein grosses Gebiet von Pakistan bis Südchina. Ihr Lebensraum liegt in Höhen von 1500 bis 2400 Meter über dem Meeresspiegel.

Fehlgeschlagener Brutversuch

Die letzte Zucht von Sonnenvögeln gelang mir im Jahr 2012. Kurz drauf starb leider das Männchen. Danach hielt ich bis 2020 nur noch das Weibchen in meinen Volieren. Im April 2020 bekam ich per Zufall die Möglichkeit, ein junges, geschlossen, beringtes Männchen zu übernehmen. Zuerst hatte ich Bedenken, weil mein Weibchen bereits mindestens zwölf Jahre alt ist. Es ist nicht beringt. Ich zweifelte, ob die Zucht mit ihm überhaupt noch möglich ist.

Am 26. Mai 2020 lagen zwei Eier in einem Nistkörbchen, das ich in an einem Thuja-Strauch befestigt hatte. Am 8. Juni schlüpften zwei Junge. Welch ein Glück! Doch am 11. Juni lagen beide Jungvögel tot im Nest. Was war geschehen? Ich wusste es nicht.

Problemlösung durch Beobachten

Am 26. Juni lagen erneut drei Eier im Nest. Am 8. Juli schlüpften alle drei Jungen. Jetzt wollte ich aber genau beobachten, wie es mit der Jungenaufzucht lief. Alle paar Stunden ging ich auf Beobachtungstour. Sofort bemerkte ich, dass das Männchen das Weibchen mit Mehlkäferlarven im Schnabel in der ganzen Voliere umherjagte. Ich sorgte mich um das Weibchen und nahm das Männchen sofort aus der Voliere. Es musste fortan in einer Zuchtboxe im Innenraum ausharren. Das war also der Grund für das Problem: Das Männchen fütterte die Jungen nicht, sondern jagte stattdessen das Weibchen in der Voliere umher.

1 Leiothrix lutea Copy Junge Sonnenvögel wenige Tage alt. (Blid: Jörg Rey)

Vielfältige Futtergaben

Jetzt hoffte ich, dass das Weibchen die Aufzucht der Jungen alleine übernehmen würde. Meine Hoffnung bestätigte sich nach kurzer Zeit. Das Weibchen zog die Jungen selbstständig auf. Die Jungvögel flogen am 19. Juli aus. Ich errechnete eine Brutzeit von zwölf bis dreizehn Tagen, die Nestlingszeit dauerte zwölf Tage. Alle drei Jungen flogen am gleichen Tag aus; sogar das Drittgeschlüpfte, das sicher zwei Tage jünger war. Es verstarb aber drei Tage später. Die Nestlingszeit ist mit elf bis zwölf Tagen sehr kurz. Die ersten zwei bis drei Tage nach dem Ausfliegen hielten sich die Jungen in Bodennähe auf. Sie konnten noch nicht fliegen. Beringt habe ich sie am sechsten Lebenstag mit 3-Millimeter-Ringen.

Als Aufzuchtfutter reichte ich frisch gehäutete Mehlkäferlarven. Die gab es drei bis viermal pro Tag. Buffalos gefrostet, Drosophila (Fruchtfliegen), Möhren und als Leckerbissen Heidelbeeren, die gierig gefressen wurden ergänzten das Futterangebot. Angereichert habe ich das Futter mit Nekton MSA. Dazu gab ich ein Insektenfutter, das mit Uni-Patee gemischt wurde. Pinkymaden wurden erst im Alter von drei Wochen akzeptiert. Grünes, wie Salat oder Gurken wurden überhaupt nicht angenommen.

Sonnenvögel bei Jürg und Brigitte Rey Copy Sonnenvögel bei Jürg und Brigitte Rey (Bild: Lars Lepperhoff)

Harmonie wieder eingekehrt

Am 5. September 2020 konnte ich das Männchen aus seiner Zuchtboxe erlösen. Ich setzte es in die Voliere zurück zum Weibchen und den zwei Jungen. Zum Glück verlief alles sehr ruhig. Ich hoffe, dass dieser schöne und angenehme Vogel noch lange in unseren Volieren erhalten bleibt.  

Sonnenvogel oder Chinesische Nachtigall Copy Sonnenvogel oder Chinesische Nachtigall (Bild: Lars Lepperhoff)

Brigitte und Jörg Rey Copy   Treibhausvoliere für Chineseische Nachtigallen Copy
                   Brigitte und Jürg Rey vor ihrer Anlage für Sonnenvögel                                          Treibhausvoliere für Chinesische Nachtigallen

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Handaufzucht eines Kronentokos (Tockus alboterminatus)

Bericht und Bilder: Elisabeth Schlumpf, Voliere am Mythenquai, Zürich

Kronentokos werden in der Schweiz ausschliesslich in der Voliere am Mythenquai in Zürich gehalten. Nachdem die Leiterin der Voliere, Elisabeth Schlumpf, bereits über die Elternaufzucht berichtete, schreibt sie hier über die Handaufzucht eines Kronentokos. Da die Voliere am Mythenquai mitten in der Stadt Zürich liegt, werden die Vögel immer wieder durch Lärmereien an Sommerfesten und durch Anlässe gestört. Das hat auch dazu geführt, dass der junge Kronentoko von Hand aufgezogen werden musste.

Leider finden fast alle Festivitäten der Stadt Zürich rund um das Seebecken statt, wie etwa die StreetParade, das Zürifest, Sportanlässe oder Sonderfeste. Auch die Bewohner von Zürich nutzen an jedem schönen Abend den Park, um zu grillen, zu baden, die Freizeit zu geniessen, Musik zu machen, und dies alles oft zum Leid unserer Vögel in der Voliere am Mythenquai. Besonders Feste wie das Zürifest, das drei Tage und Nächte dauert, bereitet unseren Vögeln eine schlaflose und stressige Zeit. Im Jahr 2018 fand das ominöse Formel-E-Rennen statt. Drei Wochen vor dem Rennwochenende begann schon der lärmende Aufbau. Das hohe, schrille Motorengeräusch war schon bei den Testrennen für die Ohren unserer Vögel der Horror. Die Stelzenläufer riefen den ganzen Tag durcheinander, der Turako schrie unaufhörlich Alarm und alle versuchten, in den Innengehegen Schutz zu finden. Doch das schrille Zischen der Rennwagen drang durch alle Ritzen. Dauernd klingelte irgendein Bauarbeiter an der Tür, um nach Strom oder sonst etwas zu fragen. Der Tierrettungsdienst wurde oft mit den kleinen Patienten nicht durchgelassen, und der ganze Park um uns rum war mit grossen Lastwagen zugeparkt. Am Rennwochenende liefen die Zuschauer sogar bei uns auf dem Dach rum

31.8ca 90 tage
 ca. 90 Tage

Elisabeth Schlumpf in der Besucherhalle der Voliere am Mythenquai mit ihrem von Hand aufgezogenen, flugfähigen jungen Kronentoko. Hier ist er etwa 90 Tage alt.

Unglück vermeiden

Das Weibchen des Kronentoko hatte sich schon zwei Wochen lang eingemauert. Es sass auf drei Eiern. Letztes Jahr, auch am Rennwochenende, hatte es seine Jungvögel, kurz nach dem Schlupf, zweimal aus dem Nistkasten geworfen. Ob es die Störungen von draussen waren, die es nervös machten? Ich wollte dies auf keinen Fall noch ein drittes Mal erleben! Noch so ein kleiner, kalter, Toko von der Erde aufnehmen, nein!

Also stibitzten wir dem Weibchen die Eier, durchleuchteten sie, und das eine, wertvolle, befruchtete Ei legten wir in den Brutkasten. Unser Paar ist nicht mehr das Jüngste, und, soviel ich weiss, das einzige Brutpaar in der Schweiz. Die zwei anderen Eier legten wir wieder in den Nistkasten zurück, so dass die Altvögel ihren Brutvorgang abschliessen konnten.

Ein Kronentoko schlüpft

Das Zürifest stand vor der Tür! Am 31. Mai abends bemerkte ich voller Freude ein kleines Loch in der Eihülle!

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Das Ei des Kronentoko ist angepickt.

Der Schlupfvorgang hatte begonnen. Doch musste ich noch bis zum 2. Juni ungeduldig warten. Frühmorgens war es soweit. Der Kleine hat es geschafft, sich aus dem Ei zu befreien. Da lag ein kleiner, erschöpfter «Dinosaurier» mit langem Hals, nackt und riesigen, geschlossenen Augen da. 9 Gramm schwer!

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Junger Kronentoko am 2. Juni 2019, frisch nach dem Schlupf.

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Der kleine, frisch geschlüpfte Kronentoko am 3. Juni; er sieht einem Dinosaurier ähnlich.

Um 10 Uhr bekam er nach zaghaftem Fiepsen und erster Kotabgabe seine erste Nahrung: Eine viertel Wachsmotte, getunkt in Wasser, das mit Lactobakterien angereichert war. Am ersten Tag fütterte ich ihn dann alle Stunde mit Lacto, Korvimin und Wachsmotten. Doch schon am Nachmittag war sein Hunger so gross, dass er eine halbe, zwei Tage alte Maus erhielt. Ansonsten fütterte ich Wachsmotten, Heimchen ohne Beine, mit Lactobakterien und Korvimin bestreut. Ich fütterte bis nachts um 24 Uhr, und dann um 4 Uhr früh wieder; ab dem zweiten Tag, alle zwei Stunden, und ab dem dritten Tag alle drei Stunden, aber immer bis nachts um 24 Uhr. Es gibt unterschiedliche Meinungen zu den Fütterungszeiten bis in die Nacht, doch es hat so funktioniert.

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Der junge Kronentoko am 10. Juni.

Analog der Elternaufzucht

Ich hatte noch nie einen Toko aus dem Ei grossgezogen. Da kamen mir meine eigenen Aufzeichnungen der Naturbrut unserer Tokos zugute, die ich im GF Nr. 3/15 publiziert hatte. Ich hatte mir damals genau notiert, welches Futter, und in welchem Zeitintervall, das Männchen durch den schmalen Spalt zum eingemauerten Weibchen brachte. Das Weibchen war oft nicht zufrieden, und so gab es die Happen wieder zurück. Das Männchen musste sie besser verarbeiten. Ab dem Schlupf blieben plötzlich die Zophopas liegen, und Heimchen, Heuschrecken und Babymäuse wurden solange im Schnabel kunstvoll hin und her jongliert, bis das Weibchen zufrieden war.

Was hiess das? Die Flügel der Heuschrecken sowie die Beine mit ihren Widerhacken mussten weg, und die Mäuse wurden solange im Schnabel geknackt, bis alles weich war. Das war also für mich eine nicht so schöne Aufgabe! Ich reichte die Babymäuse anfangs ohne Kopf, da ich nicht so erpicht darauf war, sie weich zu klopfen. Und den Heuschrecken und den Heimchen schnitt ich die Flügel und Beine ab. Ich legte die INsekten allerdings vorher in den Tiefkühler.

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Am 17. Juni im Alter von zwei Wochen.

Immer lauter

Zuhause hatte ich, wie schon oft, alles eingerichtet, um den kleinen Toko mit Wärme und Feuchtigkeit zu versorgen. Also gab es wieder einmal ein Schild an eines meiner Zimmer mit der Aufschrift «Sperrbezirk». Mein Herz klopfte anfangs jedes Mal bis an den Hals, wenn ich den Deckel öffnete, und ich wurde noch aufgeregter vor Sorge, als ich den kleinen auf der Seite oder platt auf dem Bauch vorfand. Ganz schnell habe ich ihn angetippt, bis ich bemerkte, dass sein grosser Kopf mit seinem langen Hals einfach zu schwer war, um wie andere Vögel zu schlafen. Auch beim Füttern musste ich seinen Kopf halten. Sein Appetit wurde immer grösser und im Auto, beim täglichen in die Voliere und wieder nach Hause fahren, wurde er auch immer lauter.

21.6. 2 20 tage

Am 21. Juni im Alter von 20 Tagen.
  2.7.30 tage

Kopfansicht des jungen Kronentokos im Alter von 30 Tagen.

 

Probleme mit Luftablaugerung

Doch da kam der Tag X, der achte Tag. Welcher Züchter kennt den Tag X nicht! Da hatte sich Luft unter seinen Schultern angesammelt – und es wurde immer mehr. Mein erster Anruf galt natürlich Dr. Peter Sandmeier, dem auf Vögel spezialisierten Tierarzt. Könnte es sich um eine Überdehnung handeln, war die Luftfeuchtigkeit zu tief? Infektionen konnten wir ausschliessen. Ein bisschen abwarten? Doch die Luft wurde immer mehr und reichte bis tief in den Rücken. Meine grosse Sorge war, dass sich das ganze Bindegewebe lösen könnte. Das würde das Aus bedeuten. Ich möchte nie, dass ein Lebewesen leiden muss wegen meines Egoismus. Doch gab ich auch nicht so schnell auf, da der Appetit und die Lebensgeister des kleinen Tokos so gross waren! Mit Absprache des Tierarztes habe ich an drei Tagen in die grossen Luftblasen gestochen, natürlich mit einer gut sterilisierten, abgefackelten Nadel, um die Luft rauszudrücken! War ich erstaunt, was für eine dicke Haut die Tokos haben. Es wurde besser! Nur noch kurz vor der Fütterung, wo er sich offensichtlich vor lauter Gier aufregte, füllten sich die Stellen mit Luft, doch sie entleerten sich auch wieder schnell. Zwei Wochen später, als er wirklich sehr stabil war, stellte ich ihn bei Dr. Peter Sandmeier vor. Der Vogeltierarzt war über den Zustand des jungen Kronentokos äusserst zufrieden.

11.7.40 Tage alt
Der junge Kronentoko wuchs rasant, hier, am 11. Juli, ist er schon 40 Tage alt und voll befiedert.

Am Boden herumhüpfen

Der Kronentoko wuchs rasant. Die Schwanzfedern wuchsen langsam senkrecht in die Höhe. Seine Wimpern, die das ganze Auge umfassen, wurden auch immer länger. Ab dem 14. Tag frass er alle drei Stunden drei Babymäuse und drei mittlere Heuschrecken, und es wurden immer mehr. Seine Neugier wuchs, denn anders als bei der Naturbrut, war er natürlich mit äusseren Eindrücken früher konfrontiert. Zuhause war er mein kleiner «Hupfvogel», der alles am Boden untersuchte. Er liebte es auch, mit mir draussen in der Sonne zu sitzen. Wenn er am Himmel Greifvögel sah, schaute er äusserst interessiert deren Flugmanövern zu, doch wenn eine Rabenkrähe in der Nähe war, verkroch er sich hinter meinem Rücken. Ich merkte auch, dass meine Wohnung nicht vogelsicher war, denn der Kleine schnappte sich alles mit seinem Schnabel. Sehr interessant war jedoch zu beobachten, dass sich der Junge in der Handaufzucht genau gleich entwickelte wie diejenigen in der Naturbrut.

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Der Appetit auf junge Mäuse war gross. Junger Kronentoko am 15. Juli.

16.7.45 tage 1
Interessant ist das Sonnenbaden, hier im Alter von 45 Tagen am 16. Juli.

Erster Flug

Es war die achte Woche. In diesem Alter flog der erste Jungtoko bei der Naturbrut aus dem Nistkasten. Wir sassen am Boden. Der Kleine schaute mich an, und in dem Moment öffnete er seine Flügel und flog über meinen Kopf hinweg. Das war so überwältigend! Und er genoss es! Er schoss bei mir um die Ecken, klaute fliegend eine Peperoni aus meiner Hand, einfach herrlich, was für geniale Flugkünstler sie sind. Ja, aber landen muss gelernt werden.

Dann kam der zweite Schreckensmoment. Er hörte damit auf, viel zu fressen! Ab dem 50. Tag verweigerte er immer mehr die Nahrung und nahm ab. Ich habe ihm alles angeboten, was er vorher doch so gierig gefressen hat. Ich war froh, wenn er sechs Mäuse und Heuschrecken, ein paar Früchte und Wachsmotten pro Tag frass. Verzweiflung pur! Doch dank dem Beobachten und den Erinnerungen an seine Eltern merkte ich, dass mit der Flugfähigkeit auch die Nahrungsmenge angepasst wird. Es sind äusserst feine, leichte Flugakrobaten, die auch ihren Flüssigkeitsbedarf nur über ihre Nahrung aufnehmen. Ihre Überlebensstrategie ist perfekt an ihre Heimat in Afrika angepasst.

31.760 tage 1
Im Alter von zwei Monaten.

Abnabelungsprozess

So wie bei einer Naturbrut ist nach ungefähr drei Monaten der «Welpenschutz» vorbei, und die Jungvögel werden verjagt, auf dass sie sich ein eigenes Revier suchen. Genau nach 90 Tagen habe ich begonnen, den Kleinen, der zwar protestierte, über Nacht in der Voliere zu lassen. Der Abnabelungsprozess war wahrscheinlich schwieriger für mich als für ihn. Ich bin sehr dankbar für diese wundervolle Erfahrung.



Gewichtstabelle Kronentoko
„Gewichtstabelle“

Die Gewichtsentwicklung des jungen Kronentokos. (Tabelle: Elisabeth Schlumpf)

27.8.85 tage
Elisabeth Schlumpf gelang die Handaufzucht eines jungen Kronentokos. Hier ist er 85 Tage alt.

Zur Autorin

Elisabeth Schlumpf leitet seit 20 Jahren die Voliere am Mythenquai. Dort werden besondere, exotische Vögel gezüchtet und jährlich weit über 1000 Wildvögel aufgezogen. Zudem betreibt die Voliere am Mythenquai auch eine Ferienstation. Durch eine Mitgliedschaft unterstützt man die wichtige Arbeit der Voliere am Mythenquai. Weitere Informationen auf: www.voliere.ch
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